Welche Sounds sollten sich in jedem Fall in Eurer Sound-Library befinden? In diesem Artikel habe ich für Euch meine Top-5-Sounds zusammengefasst. Sie bilden eine solide Basis und kommen in fast jeder Hörspiel-Produktion zum Einsatz. Wenn Ihr wissen wollt, auf welche Sounds Ihr nicht verzichten solltet, gibt es hier die Antwort.
Die Sound-Library
Falls jemand noch absoluter Beginner ist und mit dem Begriff „Sound-Library“ nichts anfangen kann, kommt hier eine kurze Begriffserklärung: Die Library (zu Deutsch „Bibliothek“) ist die Sammelstelle für alle Geräusche, die man für eine Vertonung zur Verfügung hat. Man kann sie stetig mit neuen Sounds aufstocken und damit für Eure Bedürfnisse anpassen. Technisch kann es ein Ordner sein, in dem alle Audiofiles auf Eurem Computer oder externer Festplatte abgelegt sind. Natürlich kann der Ordner wieder in verschiedene Unterkategorien oder auch Anbieter aufgegliedert sein. Sinnvoll ist auf jeden Fall, alles in einem Ordner zu archivieren, damit ihr später in Eurem Schnittprogramm nicht ständig auf verschiedene Orte eures Computer navigieren müsst. So habt Ihr die gesamte Bibliothek zentral an einem Platz.
Die Top-5-Sounds
Vorweg noch eine Erklärung, wie ich die Sounds eingeteilt habe. Hierbei geht es nicht um die tatsächlich einzelnen Sounds, sondern eher um die übergeordnete Zugehörigkeit. Dazu habe ich die Top 5 schlicht in grobe Kategorien zusammengefasst. Warum das sinnvoll ist, werdet ihr bei der folgenden Top-Liste sehr schnell erkennen. Die Auswahl der Sounds war für mich zwingender Natur und keineswegs zufällig. Im Zuge meiner Hörspiel-Produktion gab es immer wiederkehrende Muster, was die Beschaffung von verschiedenen Geräuschen angeht. Eigentlich hatte man ausreichend Sounds im Repertoire, dennoch kam man um eine Erweiterung von diesen speziellen Sounds nicht herum.
Im Klartext, von diesen Geräuschen kann man einfach nicht genug in der Bibliothek haben, weil die Anwendungsmöglichkeiten so variabel sind, dass gefühlt jede Produktion neue, auf sie zugeschnittene Geräusche benötigt. Dabei handelt es sich nicht einmal um wirklich spezielle Geräusche. Im Gegenteil, es sind gerade die Gewöhnlichen, die einer so großen Vielfalt bedürfen. Aber kommen wir endlich zu meinen Top-5-Sounds, die Euch schließlich jede Vertonung etwas versüßen werden:
Nr. 05: Der Haushalt
Konkret meine ich damit alles, was so ein Haushalt zu bieten hat. Jeder Raum bietet unterschiedlichste Klangkulissen. Da wären in der Küche die verschiedenen Geräte, wie der Kühlschrank, der monoton vor sich hin brummt, die Kaffeemaschine im Brühprozess, das Geschirr oder das Besteck, welches aus ihrem Aufbewahrungsort hervorgeholt wird. Oder das Wohnzimmer mit dem Klicken unterschiedlicher Lichtschalter, dem Stuhlrücken auf Holz- oder Teppichboden, dem Deckenventilator oder der alten hölzernen Standuhr. Nicht zu vergessen, das Badezimmer. Von der Dusche, über das Rasieren oder Händewaschen, bis zum dringenden Toilettengang gibt es ein weites Spektrum. Diese Sounds sind meist im Hintergrund zu hören und reichern eine Szene eher indirekt an. Lasst Ihr sie weg, wird etwas im Klangteppich fehlen. Probiert es einfach mal aus.
Nr. 04: Outdoor-Atmos
Hinter diesem Begriff verbirgt sich nichts anderes, als die Geräusche unter freiem Himmel. Ihr könnt Euch jeglicher Art von Wetterbedingung zu Nutze machen. Lasst es sanft gegen die Fenster regnen oder schickt einen Orkan durch die Vorstadt. Im Wald könnt ihr leise die Blätter rauschen hören, hier und da einen Vogel zwitschern lassen. Wer es gerne zu später Stunde mag, fügt einfach ein Käuzchen hinzu. Oder Ihr bringt die Szenerie in das Urbane mit Verkehr oder einem belebten Marktplatz. Für die richtige Stimmung benötigt Ihr eine entsprechende Atmosphäre. Ihr definiert das Wetter, die Stimmung und bestimmt mit einfachen Mitteln die Örtlichkeit, an der sich die Figuren in Eurem Hörspiel befinden. Ein weiterer Bonus, diese Geräusche lassen sie ohne viel Aufwand aufnehmen. Bei einem Stadt-Trip nach Amsterdam, habe ich an verschiedenen Örtlichkeiten meinen Fieldrecorder laufen lassen. Ganz entspannt auf einer Parkbank oder einem Straßencafé in den Gassen der Innenstadt. Einfacher geht es nicht
Nr. 03: Türen
Das klingt ohne Kontext vermutlich erstmal etwas seltsam, ist aber wirklich so gemeint. In jedem Hörspiel wird sich irgendwann mal eine Tür öffnen oder schließen. Dabei kann es sich um ein altes Tor eines mittelalterlichen Schlosses handeln oder auch um ein Gate in einem futuristischem Raumhafen. Den Klang einer Tür (die sich öffnet oder schließt) bestimmen die vielen verschiedenen Materialien, wie unterschiedliche Holzarten, neues oder bereist gerostetes Eisen, eine leichte Kabinentür aus Polycarbonat. Ein weiterer Klangfaktor ist die Größe und Art der Tür. Allein das „Anklopf-Geräusch“, was nun mal die Höflichkeit gebietet, variiert mit jeder Art von Tür und ebenso die Geräusche verschiedener Türklinken!
Da hätten wir große und kleine Gartentore. Üppige und wuchtige Eingangstüren mit einem klassischen Türklopfer oder die schlichten Bürotüren mit einer gewöhnlichen Messingklinke. Ein eisernes Garagentor oder die rostige Hintertür mit Knauf. Eine Tür kann auf so viele Arten „klingen“ und damit das Hörspiel umso detaillierter und lebendiger wirken lassen, dass Ihr zwangsweise auf eine große Zahl verschiedener Türen-Sounds angewiesen seid. Daher haben es „Türen“ auf den Platz 3 meiner Top 5 geschafft.
Nr. 02: Kleidung & Bewegung
Es ist genau diese Kategorie, die man fast nur unterbewusst wahrnimmt und die dennoch einen gehörigen Unterschied macht. Wir alle erinnern uns an die Anekdote der drei Fragezeichen, wie sie in Mortens Rolce Royes sitzen und im Studio von Frau Körting mit der Lederhandtasche unter dem Arm die Lederpolster während der Fahrt imitiert wurden. Freilich könnte man dieses Detail auch weglassen, aber es ist das i-Tüpfelchen im Sounddesign. Und es verhält sich ähnlich wie bei den Türen. Das Material bestimmt den Klang. Eine geöffnete Lederjacke kann man durchaus hörbar machen. Kleine Nieten oder Metallknöpfe schlagen leicht gegeneinander, währen man bei einer geschlossenen Jacke lediglich das Leder knirschen hören würde. Eine Jeanshose klingt bei einem sportlichen Gang anders, als die bequeme Chino-Hose beim Schlendern.
Die Art zu gehen, zu laufen oder gar zu rennen ist in einem Hörspiel hörbar. Ein weiteres Detail in der Anatomie der Klangkulisse, die mit einfachen Mitteln wichtige Akzente setzen kann. So vertont Ihr ohne viel Erklärungsnot den stereotypen Rocker in der Lederkluft, die feine Dame im Samtkleid oder die Joggerin im regenfesten Sportdress. Die Vertonung von Kleidung und der Bewegung ist eine zeitaufwendige und manchmal auch sehr erfindungsreiche Angelegenheit. Bei meinen Produktionen ist sie in Sachen „Zeitfresser“ ganz weit oben. Aber damit verpasst Ihr Eurer Produktion einen professionellen Anstrich. Es sind die Details, die den Unterschied machen.
Nr. 01: Schritte
Überrascht? Wirklich, Schritte? Spätestens nach Eurer ersten Hörspiel-Produktion werdet ihr mir zustimmen. Niemand steht in einem Hörspiel unhörbar einfach nur herum. Selbst eine Unterhaltung am Stehtisch bedarf einer kleinen soundtechnischen Unterstützung. Man wechselt mal das Standbein oder streift den Betonboden beim Herumdrehen. Leise und verborgen oder auch lautstark bringen Schritte Dynamik in die Szene und lassen Eure Geschichte noch realistischer wirken. Dabei ist es schon fast müßig, auf die Klangeigenschaften verschiedener Arten von Schuhen einzugehen. Dann die diversen Arten von Schuhsolen, die Klangcharakteristik verschiedener Gangarten vom Schleichen bis zum Rennen. Und selbstredend das Zusammenspiel von Schuh, Schrittgeschwindigkeit und Beschaffenheit des Bodens. Ich habe mir kürzlich eine kleine Bibliothek gekauft, bei der nur Schritte auf Fliesenboden zu hören sind. Schritte oder Schlurfen auf Schotterboden habe beispielsweise mal selber bei uns auf dem Parkplatz vor der Haustür aufgenommen.
Schritte hörbar zu machen gibt Euch die Möglichkeit, eine Szene noch besser auszuarbeiten. Eure Zuhörer nehmen die Örtlichkeit viel präsenter wahr. Ein Kellergewölbe untermalt ihr mit knirschendem Schmutz auf dem Steinboden, den Spaziergang durch den Park begleitet Ihr mit feinkörnigem Schotter, auf dem Holzparkett werden mit harter und auch spitzer Sohle die Tanzbeine geschwungen oder in einem zwielichtigen Hotel begleiten quietschend-klebrige Schritte auf dem Linoleumboden die spannende Musik. Schritte sind ein absolutes Must Have in eigentlich jeder Hörspiel-Produktion. Sie sind das vermutlich alltäglichste Geräusch und bieten Euch dennoch eine sehr große Vielfalt für die Ausgestaltung einer Szene. Passende Schritte zu suchen und einzubauen nimmt abartig viel Zeit in Anspruch, so dass diese Kategorie zurecht den ersten Platz meiner Top 5 belegt. Ich verspreche Euch, 1.000 Schritte-Sounds sind noch nicht genug! 🙂
Mein Soundarchiv
Das wären also meine 5 Sound-Empfehlungen, wenn Ihr Eure erste Produktion in Angriff nehmt. Der Hinweis auf mein eigenes Sound-Archiv darf hier selbstverständlich nicht fehlen. Das Archiv ist kostenlos und von mir an den verschiedensten Orten aufgenommen. Aktuell umfasst das Archiv (Version 4.1) 155 Sounds aus verschiedenen Kategorien, darunter eben auch die hier aufgezählten Kategorien und viele darüber hinaus. Die Sounds können frei genutzt werden und müssen lediglich in den Credits Erwähnung finden. Hier geht es zu Archiv-Download!
Dann wünsche ich Euch viel Erfolg bei der ersten Hörspiel-Produktion.